Praxisbeispiele
Kreislaufwirtschaft ist vielfältig und bietet enormes Innovationspotenzial. Die hiesige Möbelindustrie hat bereits einige schöne Beispiele hervorgebracht. Inspiration finden Sie in der folgenden Liste, die notabene frei von jeglicher Verpflichtung entstanden ist. MAKE FURNITURE CIRCULAR ist komplett unabhängig - siehe Disclaimer. Finden Sie, dass ein Beispiel fehlt? Wir sind immer neugierig und freuen uns auf interessante Vorschläge.
Design
«Design out waste!» Es bedeutet, Kreislaufkriterien schon von Beginn an und systematisch mit zu denken, damit Abfall in Produktion und nach Gebrauch gar nicht erst entsteht. Dies erfordert eine ganzheitliche Herangehensweise mit dem Ziel möglichst mehrfacher Lebenszyklen mit möglichst geringem Ressourceneinsatz.
Zentrale Designkriterien sind Modularität, Zerlegbarkeit, einfache Pflege, Wart- und Reparierbarkeit, lange Lebensdauer, Zeitlosigkeit, Möglichkeit zur Kaskadennutzung, Materialeffizienz. Verwendete Materialien sollten frei von Giftstoffen, trennbar (alternative Verbundstoffe) und rezyklierbar bzw. bereits rezykliert sein.
Grundsätze, Hilfsmittel, Experten
- The Circular Design Guide: Online-Toolbox mit Methoden und Ressourcen zum Thema Kreislaufdesign
- Studio Colony: Kreislauffähiges Produktdesign aus der Schweiz (u.a. auch Möbel)
- IKEA: Circular Product Design Guide
Möbelbeispiele
- Giroflex (Flokk): Cradle to Cradle zertifizierte Bürostühle
- Climatex: Klimatisierende und Cradle to Cradle zertifizierte Bezugsstoffe
- USM: Modulare Büromöbel
Matratzenbeispiele
- Auping: Kreislauffähige Matratze aus nur zwei Materialien (Polyester und Stahl)
Material
Produktion
In der Produktion nach Kreislaufkriterien sind sowohl der Einsatz von erneuerbaren Energien sowie deren effizienter Einsatz und die Vermeidung von Abfällen zentral. Im Gegensatz zur «linearen Produktion» und damit der Extraktion und Verwendung von Neumaterial steht hier die Wiederverwendung von Materialien und im Idealfall Wiederaufbereitung von Produkten im Vordergrund. Dies führt häufig zu einer Rückbesinnung auf eher lokale Netzwerke und Partner. Der Fokus liegt auf Zusammenarbeit statt auf der Optimierung der eigenen Produktion.
Grundsätze, Hilfsmittel, Experten
- RethinkResource: Vermittlung von Industrieabfällen als Produktionsrohstoff
Möbelbeispiele
- Girsberger: Klimaneutrale Möbelproduktion
Vertrieb
Im Vertrieb geht es nicht mehr nur um den Verkaufspreis, sondern um die Kosten, die über den gesamten Lebenszyklus hinweg entstehen. Kreislauffähige Produkte werden daher häufig in Kombination mit verlängerten Garantien, Serviceleistungen oder sogar in einem Mietmodell angeboten. Denn Kreislaufwirtschaft funktioniert nur, wenn die Produkte den Weg zurück zum Ursprung finden (Return Logistik). Denn der Hersteller kennt sich mit den Produkten am besten aus. Falls diese rezykliert werden, muss Zerlegbarkeit für eine Wiederverwertung sichergestellt sein. Zusätzlich muss im Vertrieb über optimierte Transportflächen und -strecken nachgedacht werden.
Grundsätze, Hilfsmittel, Experten
- White Paper: Business Model Innovation for Circular Economy: Hochschule St. Gallen
- C-Eco: Anbieter für Kreislauflogistik
Möbelbeispiele
Nutzen und Teilen
Kreislaufwirtschaft bedeutet Verlängerung der Produkte- und Ressourcen-Nutzungsdauer. Natürlich gibt es Ausnahmen bei Produkten, die nicht mehr dem Stand der Technik entsprechen, da ressourcenschonendere Alternativen auf dem Markt sind.
Optimierte Nutzung = Teilen:
Im Büromöbelbereich wird geteilt durch Mietmodelle und in Co-Working Spaces. Aber auch die Shared-Desk-Policy eines Unternehmens ist auf optimierte Nutzung ausgelegt. Im Rahmen von Mietmodellen können Möbel über Firmengrenzen hinweg zirkulieren. So kann auf veränderte oder temporäre Anforderungen reagiert oder auch nur das Erscheinungsbild ab und an aufgefrischt werden.
Möbelbeispiele
- Ahrend: Furniture-as-a-Service
- Signify (ursprünglich Phillips): Lichtmiete
- Zesar: Schulmobiliar im Monatsabo inkl. passendem Klassenraum
- Village Office: Coworking im ländlichen Raum
Matratzenbeispiele
- Elite: Abrechnung von Matratzen in der Hotellerie nach Gebrauch
- Strack, RS-Hilfsmittel, embru: Vermietung von Betten und Matratzen im Pflegebereich
Nutzen und Wiederverwenden (Secondhand)
Optimierte Nutzung = Wiederverwendung:
Auch bei Neumöblierungen lohnt es sich, einen Blick auf das Secondhand-Angebot zu werfen, also eine Wiederverwendung in Betracht zu ziehen. Wer jetzt nur Brockenhaus sieht und riecht, kennt die neusten Anbieter nicht (siehe Beispiele unten). Warum nicht auch Gebraucht- oder Vintage-Möbel im Büro integrieren. Das bringt Abwechslung in den Büroalltag. Auch bei Büromöbeln ist der Secondhand-Markt am Wachsen. Und es lohnt sich, Hersteller gezielt darauf anzusprechen bzw. sich als Hersteller Gedanken zu einem Secondhand-Angebot zu machen.
Möbelbeispiele
- Tradingzone: Verkauf und Vermietung von (gebrauchten) Büromöbeln
- McOffice: Verkauf und Vermietung von (gebrauchten) Büromöbeln
- IKEA: Ankauf gebrauchter IKEA Möbel (B2C)
Matratzenbeispiele
Bei Matratzen ist Secondhand aus hygienischen Gründen nicht üblich. In einzelnen Brockenhäuser oder auf Portalen wie Anibis und Tutti findet man Matratzen.
Nutzen und Reparieren
Optimierte Nutzung = Reparieren:
Gerade bei Büromöbeln wird das Pflegen und Instandhalten heute leider noch vernachlässigt. Hersteller und andere Anbieter können mit entsprechenden Serviceverträgen zu einer Verlängerung der möglichen Nutzungsdauer beitragen. Werden diese Themen bereits beim Design mitgedacht, können Arbeits- und Ersatzteilkosten gering gehalten werden. Bei Matratzen wirkt schon eine Schonauflage oder ein waschbarer Matratzenmantel «lebensverlängernd». Letzteres ist heute aber leider noch nicht Standard.
Möbelbeispiele
- Girsberger: Rollende Werkstatt zur Reparatur und Reinigung von Sitzmöbeln
- Stiftung Dreipunkt: Aufbereitung und Verkauf gebrauchter USM Möbel
- Stiftung Brändi: Aufbereitung von Holzmöbeln in der Schreinerei
- Reparaturtechnik Spillmann: Wiederinstandsetzung beschädigter Oberflächen
- Reparaturführer: Nach Kategorien sortierter Reparaturführer für die Schweiz
Nutzen und Wiederaufbereiten
Optimierte Nutzung = Wiederaufbereitung:
Nicht mehr funktionstüchtige oder auch veraltete Produkte können wiederaufbereitet (remanufacturing) werden. Dabei können Produkte generalüberholt, zu andersartigen Produkten umgebaut oder umgenutzt werden oder die Komponenten finden als Ersatzteile Eingang in einen erneuten Produktlebenszyklus.
Möbelbeispiele
- Girsberger: Remanufacturing Angebot (z.B. Konzertsaalbestuhlungen)
- Kyburz Made: Möbel aus Restmaterialien (z.B. ausgediente SBB Palettenrahmen)
- NNOF: «nearly new office furniture» Einrichtungs- und Renovationsprojekte auf Basis der Nachhaltigkeitsprinzipien
- Deutsche Bahn: Upcycling Projekt zur Büroneumöblierung
Wiederverwerten und Recycling
Viele Hersteller im Möbelbereich arbeiten bereits mit rezyklierten Materialien. Auch hier ist es wichtig, die Ökobilanz und den Lebenszyklus des so erzeugten Produkts genau zu betrachten. Ist das entstehende Material auch ein zweites Mal oder sogar unendlich rezyklierbar oder kann dieses nur noch verbrannt werden?
Von Upcycling spricht man, wenn ein Abfallstoff oder Produkt zu etwas Höherwertigerem umgewandelt wird, Downcycling heisst es, wenn der Stoff oder das Produkt an Wert verliert.
Möbelbeispiele
- Plastic Whale: Möbel aus Plastik-Abfall (z.B. PET Filz)
- Wolkat: Textilien aus Alttextilien (u.a. Matratzenbezüge)
- ReBlend: Stoffe zu 100% rezykliert oder rezyklierbar
Matratzenbeispiele
- TRF Group: Matratzenrecycling in Grossbritannien (z.B. zu Teppichunterlagen)
- Asbesto Gruppe: Matratzenrecycling in Deutschland
- Retour Matras: Matratzenrecycling in den Niederlanden (finanziert durch IKEA)
- Recyc-Matelas: Matratzenrecycling in Frankreich
- UTEC: Matratzenrecycling in den USA
- Mattress Recycling Council (USA): Programm Bye Bye Mattress
Rohstoffaufbereitung
Es gibt Primär- und Sekundär-Rohstoffe. Sekundär-Rohstoffe sind Rohstoffe, die aus bereits verwendetem Material wiederaufbereitet werden. In der Regel ist der ökologische Fussabdruck von Sekundär-Rohstoffen geringer. Nach der Sammlung und der Trennung müssen jedoch viele Sekundär-Rohstoffen intensiv aufbereitet werden. Aus Kunststoff lassen sich zunächst Granulate herstellen, die dann zu neuen Kunststoffen eingeschmolzen werden. Weniger einfach gestaltet sich dieser Prozess, zumindest heute noch, bei der Wiederaufbereitung von Schaumstoffen.
Material
- PUReSmart: EU-gefördertes Forschungsprojekt zu Polyurethan Recycling
- Dow Corning: Arbeiten ebenfalls am Thema Polyurethan Recycling
- BASF: Verfahren zum Polyurethan Recycling
Videos zum Thema
- Design & the circular economy, Tim Brown, CEO von IDEO, erklärt die Kreislaufwirtschaft und warum Designer sich engagieren müssen.
- Produkt als Service, Ellen MacArthur Foundation
- Remanufacturing (Beispiel Automobil und Wasserzähler), VDI Zentrum Ressourceneffizienz Deutschland